Nachtrag: 20.07.2020

Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 8, Nein: 1

2. Sachverhalt

 

Überblick und Sachstand Fair-Trade-Pakt Faire Metropolregion Nürnberg

 

 

1. Unterzeichnung des Pakts und Zielsetzung:

Am 1. Oktober 2019 unterzeichnete die Stadt Neustadt (vertreten durch damals 3. Bürgermeister Martin Stingl) gemeinsam mit ihrer Partnerstadt Sonneberg (vertreten durch den Hauptamtlichen Beigeordneten Christian Dressel) auf dem 1. Fair-Trade-Gipfel der Europäischen Metropolregion Nürnberg (EMN) in Bamberg mit 35 weiteren Kommunen den „Pakt zur nachhaltigen Beschaffung in den Kommunen der Europäischen Metropolregion Nürnberg“.

Die Metropolregion Nürnberg ist seit 2017 als Erste Europäische Metropolregion als Fairtrade Region ausgezeichnet und nimmt eine Vorreiterrolle ein. Eine geförderte Entwicklungsagentur unterstützt die Kommunen. Die Metropolregion und ihre Mitgliedskommunen setzen sich das Ziel, ihre Aktivitäten weiterzuführen und auszuweiten. Ein Schwerpunkt wird in der nachhaltigen Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen durch die Kommunen gesehen.

 

2. Beschlüsse und verbindliche Beschaffungsleitlinien

Die Kommunen bestätigen den politischen Willen zu einer verstärkten nachhaltigen Beschaffung und erklären sich bereit, Möglichkeiten für eine Beschlussfassung und die Einführung verbindlicher Beschaffungsleitlinien zu prüfen. Senatsbeschlüsse sind wirksame Instrumente.

 

3. Steigerung des Anteils nachhaltiger Beschaffung

Für 2020 wird zunächst eine kumulierte Höhe von insg. 8 Mio. Euro für die Region festgesetzt. In den Folgejahren wird die Zielmarke sukzessive erhöht. Die Kommunen erhalten die Möglichkeit, ihre Beschaffungen zur Erfassung an die Entwicklungsagentur Faire Metropolregion zu melden. Auf der Webseite faire-metropolregionnuernberg.de erhält man über den Button „Pakt Beschaffung“ > „SMARTdiagram“ einen Einblick in das bisher erreichte Ziel – am heutigen Tag beträgt der Stand 27.806,00 Euro für die gesamte Metropolregion.

 

4. Erhebung nachhaltiger Beschaffung in den Kommunalverwaltungen

Zur Ausweitung nachhaltiger Beschaffung auf kommunaler Ebene ist das systematische Erheben und Messen statistischer Zahlen ein bedeutsamer Faktor.

 

5. Unterstützung durch die Entwicklungsagentur Faire Metropolregion

Die Entwicklungsagentur unterstützt die Kommunen der Metropolregion im Bereich der nachhaltigen Beschaffung auf folgende Weise:

·         Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen

·         Beratung und Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen

·         Begleitung von Modellprojekten nachhaltiger Beschaffung

·         Förderung von Vernetzung, Erfahrungsaustausch und Bewusstseinsbildung

 

6. Ziele und Handlungsfelder des Paktes

Die Ziele und Handlungsfelder sollen regelmäßig durch die Kommunalverwaltungen evaluiert und konkretisiert werden:

a)    Die Kommunen leiten ein für sich individuelles Maßnahmenprogramm aus dem Pakt ab.

b)    Erfahrungswerte sollen systematisch aufbereitet und gemeldet werden. Die Entwicklungsagentur bündelt die Ergebnisse und meldet diese an den Bundes- und Landesgesetzgeber weiter. Der 2-jährig stattfindende Fair Trade Gipfel adressiert und diskutiert den Status quo und die Forderung an Bund und Land.

c)    Die Entwicklungsagentur führt im 2-jährigen Turnus eine Umfrage zur nachhaltigen Beschaffung durch, die sich an die Kommunen richtet. Sie macht die tatsächliche Umsetzung des Paktes transparent und zeigt Beratungsbedarf auf.

 

7. Weiterführung des Projekts der Entwicklungsagentur

Die Agentur empfiehlt den Ausbau und die Verstetigung lokaler Ansprechpartner und Stellen, wie beispielsweise die Koordinatoren kommunaler Entwicklungspolitik.

 

8. Förderung von Qualifizierung und Vernetzung

Die Kommunen befürworten die Teilnahme von Mitarbeitern an Qualifizierungsmaßnahmen und Vernetzungstreffen, wie Fortbildungen und Initiativ- sowie Arbeitsgruppentreffen der Fairen Metropolregion. Sie prüfen die Benennung einer oder mehrerer Kontaktpersonen für das Themenfeld der nachhaltigen Beschaffung in der Verwaltung zur Gewährleistung des Informationsflusses und Wissenstransfers.

 

9. Sachstand Stadtverwaltung Neustadt b. Coburg

Momentane Kontaktperson und Sachbearbeiterin für das Thema Fair-Trade-Pakt ist Frau Brückner, Bereich KST. Neben regelmäßiger Kenntnisnahme von E-Mails, Studieren von zugeschickten Unterlagen und Aktualisierungen auf der Webseite der Fairen Metropolregion umfasst die Bearbeitung des Themas auch

·         die Recherche und Prüfung von einsetzbaren und geeigneten Fair-Trade-Produkten für die Stadtverwaltung Neustadt sowie deren Beschaffung;

·         die Prüfung von Einsatzmöglichkeiten und die Kalkulierung diesbezüglicher Kosten;

·         die statistische Erfassung von Einkäufen und deren Häufigkeit;

·         die Weiterleitung von Informationen an Mitarbeiter mit der Zielsetzung, alle Mitarbeiter auf den gleichen und stets aktuellen Wissensstand bzgl. nachhaltiger und fairer Beschaffung zu bringen sowie die Einhaltung der Beschaffungsrichtlinien zu wahren. Diesbezüglich sind Ausschreibungen anzupassen, ggf. Vergaberechtsanwälte einzuschalten und mit lokalen Betrieben, Lebensmittelerzeugern, Gastronomen, Schulen, Vereinen und Kindergärten über die Beschaffung sowie den Einsatz fair gehandelter Produkte zu sprechen. Der Empfehlung, Arbeitsgruppen und regelmäßige Treffen innerhalb der Kommunalverwaltung (z. B. KST, WiFö, Bauhof, Bauamt) zu bilden, sollte nachgegangen werden;

·         die Teilnahme an Fortbildungen und Seminaren. Die letzte Fortbildung fand am 30. Juni 2020 in Form eines 2-stündigen Webseminars mit Vor- und Nachbereitung statt. Anschließend folgte am 02.07.2020 ein 1-stündiges telefonisches Beratungsgespräch. Die nächste Fortbildung im Bereich „Sozialverträgliche Beschaffung von IT“ findet am 23.07.2020 von 10 – 16 Uhr in Neumarkt in der Oberpfalz statt. Am 26.10.2020 folgt die 2. Fair-Trade-Werkstatt von 10 – 15 Uhr in Erlangen;

·         die Vernetzung und der Austausch unter den 68 teilnehmenden Kommunen über eine Online-Plattform („Engagement Global Community“).

 

In Summe ist festzustellen, dass alle bisher durch die Stadt Neustadt bei Coburg im Sinne von „Fair-Trade“ angegangenen Maßnahmen, wie beispielsweise Augenmerk bei Einkauf von Kaffee und Nahrungsmitteln im Sinne des Paktes nur oberflächliche, marginale Maßnahmen darstellen.

Vielmehr soll bei Ausschreibungen, Vergaben und Beschaffungen generell der „Fair-Trade-Gedanke“ aufgenommen und eingebracht werden.

In Beschaffungs- und Vergabeverfahren sollen entsprechende Vorgaben eingebracht werden.


Es ist festzustellen, dass bei einer intensivierten Umsetzung personelle Ressourcen für diesen Arbeitsbereich fest eingesetzt werden müssen.

Weiter ist festzustellen, dass für Beschaffungen und Vergaben, die „Fair-Trade“-Vorgaben einhalten zumindest teilweise mit höheren Kosten zu rechnen ist.

 

 

10. Ergebnis des telefonischen Beratungsgesprächs am 02.07.2020 mit Frau Malter der Fairen Metropolregion und weiterer Handlungsbedarf

·         Einkäufe, Mengen und Kosten an die Agentur melden für den Eintrag im SMARTdiagram (immer im Juli eines jeden Jahres)

·         angefügte Vorlage durch den Kultur-, Sport- und Städtepartnerschaftsausschuss beschließen lassen sowie Beschluss über den Einsatz und die Beschaffung weiterer fair gehandelter Produkte in der Stadtverwaltung Neustadt

·         Bildung einer Arbeitsgruppe innerhalb der Verwaltung zur Vernetzung, zum Wissenstransfer und zur Anpassung der Ausschreibungen und Einkäufe in allen Ämtern

·         Gespräche mit Vereinen, Kindergärten, Schulen, Lebensmittelerzeugern und Gastronomen bzgl. Einsatz und Beschaffung von Fair-Trade-Produkten (DENN: Unternehmen, die Produkte mit dem Fairtrade-Siegel unter ihrer Marke vertreiben möchten, können dies nur als Lizenzpartner von TransFair (Fairtrade Deutschland) machen.)

·         regelmäßige Sachstandprüfung und Erarbeitung von Maßnahmeplänen

·         Teilnahme an Fortbildungen, die für die Stadtverwaltung Neustadt sinnvoll sind (es sind nicht alle Fortbildungen zwingend)

·         Kennenlernen der anderen teilnehmenden Kommunen und gegenseitiger Austausch über die Online-Plattform

·         auf personeller Ebene Einbindung von mehreren Mitarbeitern in das Projekt und Gewährung der erforderlichen Arbeitsstunden

 

11. Option „Fairtrade-Town“

Um in der Stadt als Kommune aktiv zu werden, gibt es seit Januar 2009 eine Kampagne, die unterschiedliche Akteure aus Handel, Politik und Zivilgesellschaft zusammenbringt: die Kampagne Fairtrade-Towns. Ob im Rathaus, in der Kantine, im Weltladen, im Café, im Sportverein oder im Lebensmitteleinzelhandel – der Faire Handel bietet viele Anknüpfungspunkte in einer Stadt.

Als Fairtrade-Town können sich Städte, kreisfreie Städte, Stadtbezirke, Gemeinden, Verbandsgemeinden, Kreise, Regionen, Inseln und Bundesländer bewerben. Die Teilnahme an der Fairtrade-Towns Kampagne ist kostenfrei. Für den Titel Fairtrade-Town muss eine Kommune nachweislich fünf Kriterien erfüllen, die das Engagement für den fairen Handel in allen Ebenen einer Kommune widerspiegeln:

 

Kriterium 1: Ratsbeschluss

·         Die Kommune XY beschließt, an der Kampagne Fairtrade-Towns teilzunehmen und die Auszeichnung als Fairtrade-Town anzustreben. Hierzu sollen die fünf Kriterien der Fairtrade-Towns-Kampagne erfüllt werden.

·         Bei allen Sitzungen des Rates und der Ausschüsse sowie im Büro des Oberbürgermeisters werden Fairtrade-Kaffee und ein weiteres Produkt aus fairem Handel ausgeschenkt.

 

Kriterium 2: Steuerungsgruppe

·         Die Steuerungsgruppe koordiniert die Aktivitäten zum fairen Handel vor Ort. Sie ist die treibende Kraft hinter dem Engagement, vernetzt die Akteure innerhalb der Kommune und fördert den Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und den Bürgerinnen und Bürgern der Kommune.

·         Zu den Kernaufgaben der Steuerungsgruppe gehören:

die Erfüllung der Kriterien auf dem Weg zur Fairtrade-Town,

das Setzen von Schwerpunktthemen für den fairen Handel vor Ort,

die Koordination und Organisation von Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit,

die Gewährleistung von Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten.

·         Die Steuerungsgruppe besteht aus Personen aus mindestens drei Bereichen:

§  Politik: städtische Verwaltung/Politik

§  Wirtschaft: Einzelhandel, Handel, Gastronomie

§  Zivilgesellschaft: Weltläden, Eine-Welt-Initiativen, Schulen, Vereine oder kirchliche Einrichtungen

§  Zudem ist es wünschenswert, dass weitere Akteure in der Steuerungsgruppe vertreten sind, wie z. B. aus der lokalen Presse, der Wirtschaftsförderung oder dem Stadtmarketing.

 

Kriterium 3: Fairtrade-Produkte im Sortiment

In den lokalen Einzelhandelsgeschäften und bei Floristen sowie in Cafés und Restaurants werden mindestens zwei Produkte aus fairem Handel angeboten. Richtwert ist hier die Einwohnerzahl.

 

Kriterium 4: Zivilgesellschaft

Öffentliche Einrichtungen, wie Schulen, Vereine und Kirchen-/Glaubensgemeinden, setzen Informations- und Bildungsaktivitäten zum fairen Handel um und bieten Produkte aus fairem Handel an. Die Anzahl der benötigten Aktiven aus der Zivilgesellschaft berechnet sich anhand der Einwohnerzahl. Bei einer Einwohnerzahl unter 200.000 muss jeweils eine Schule, ein Verein und eine Kirchen-/Glaubensgemeinde gewonnen werden. Die Akteure führen einmal pro Jahr eine Aktion zum Thema fairer Handel durch.

 

Kriterium 5: Medien & Öffentlichkeitsarbeit

Die Steuerungsgruppe macht Öffentlichkeitsarbeit über die Aktivitäten zum Thema Fairtrade in der Kommune. Die lokalen Medien berichten über die Ereignisse vor Ort. Als Ergebnis der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sollten mindestens vier Artikel in den regionalen Medien erscheinen. Hier zählen nicht nur Printmedien, sondern auch Veröffentlichungen von Online-Artikeln oder Beiträge auf der städtischen Homepage.

 

12. Über die Weiterentwicklung der Stadt Neustadt hinsichtlich des Einsatzes, der Menge und der Beschaffung von fair gehandelten Produkten, über den nötigen Personalbedarf/-aufwand bis hin zur Ausweitung auf interne Arbeitsgruppen sowie die Frage, ob sich die Stadt Neustadt der Online-Plattform Fairtrade-Towns-Kampagne anschließen möchte, da eine grundlegende Umsetzung  der Kampagne so gut wie alle Bereiche der Stadtverwaltung beträfe, kann der Kultur-, Sport- und Städtepartnerschaftsausschuss nicht abschließend befinden.

Es ist von ihm eine Empfehlung zur weiteren Umsetzung zur weitergehenden Beschlussfassung an den Verwaltungssenat zu fassen.

 


3. Beschlussvortrag (Vorschlag der Verwaltung):

 

Es wird festgestellt, dass kein Mitglied des Gremiums an der Beschlussfassung teilnimmt, das im Sinne des Art. 49 GO befangen ist.

 

Der Kultur-, Sport- und Städtepartnerschaftsausschuss beschließt:

 

  1. Die gemeinsam mit der Stadt Sonneberg vollzogene Mitgliedschaft der Stadt Neustadt bei Coburg im „Fair-Trade-Pakt“ soll intensiviert werden.
  2. Die Verwaltung des Bereiches KST wird beauftragt gemeinsam mit der Leitung des Referates 1 ein Grundlagenkonzept „Fair-Trade-Neustadt bei Coburg“ zu erarbeiten,
    das zuständigkeitshalber dem Verwaltungs-,Finanz- und Wirtschaftssenat zur Beschlussfassung vorzulegen ist.